Home » Ist die Microsoft Power Platform wirklich geeignet für Geschäftsanwendungen?
Laut Microsoft ist die Power Platform eine umfassende End-to-End-Cloudautomatisierungsplattform, die auf Low Code und KI basiert und soll Geschäftsprozesse automatisieren und optimieren. Die Platform besteht aktuell aus fünf Hauptkomponenten: Power BI, Power Apps, Power Automate, Power Virtual Agents und Power Pages.
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Versprochen wird mehr Sicherheit, Kontrolle, vereinfachte Verwaltung sowie einfache Automatisierung und Dokumentenverwaltung (Quelle: Microsoft)
Doch ist es wirklich so einfach? Als Unternehmen, welches Individualsoftware entwickelt, sind wir in Bezug auf diese Frage vermutlich nicht ganz unvoreingenommen. Dennoch haben wir uns eingehend mit dem Thema befasst, zumal unsere Lösungen und Projekte immer auch auf Microsoft-Technologie basieren.
Ein großer Pluspunkt ist die Benutzerfreundlichkeit. Die Microsoft Tools sind so konzipiert, dass sie auch von Nutzern verwendet werden können, die über keine umfangreichen Programmierkenntnisse verfügen. – Das ist das Ziel! – So können schnell geschäftsorientierte Anwendungen erstellt und Prozesse automatisiert werden. Microsoft bietet so eine niederschwellige Möglichkeit, schnell und günstig Prozesse zu optimieren.
Durch die Verwendung von Low-Code- oder sogar No-Code-Entwicklungstools können Anwendungen und Automatisierungen schnell erstellt und implementiert werden (dies haben wir in unserem Artikel zum Thema No-Code/Low-Code bereits eingehender beschrieben LINK). Dies ermöglicht es Unternehmen, agil auf sich ändernde Anforderungen zu reagieren und neue Lösungen schnell bereitzustellen.
Die Microsoft Power Platform ist nahtlos in andere Microsoft-Produkte wie beispielsweise Office 365, Dynamics 365 und Azure integriert. Dias erleichtert die Integration von Daten und Prozessen zwischen verschiedenen Systemen und Anwendungen, was die Effizienz steigert und die Zusammenarbeit verbessern kann.
Mit den verschiedenen Komponenten der Power Platform können Unternehmen diverse Anwendungsfälle abdecken, von der Datenvisualisierung über die Automatisierung von Geschäftsprozessen bis hin zur Entwicklung von Chatbots. Diese Vielseitigkeit macht Microsoft Power Platform zu einer attraktiven Lösung für Unternehmen unterschiedlicher Branchen und Größen.
Doch die Art von Geschäftsprozessen, die mit der Plattform automatisiert werden sollten, ist in unseren Augen limitiert. Denn Microsoft Power Platform geht auch mit einigen Nachteilen einher, weswegen Sie nicht für geschäftskritische Anwendungen verwendet werden sollte.
Obwohl Microsoft Power Platform eine Vielzahl von Funktionen bietet, können einige Unternehmen möglicherweise feststellen, dass ihre spezifischen Anpassungsanforderungen nicht vollständig unterstützt werden. In solchen Fällen kann es erforderlich sein, auf traditionellere Entwicklungsmethoden zurückzugreifen, um maßgeschneiderte Lösungen zu erstellen. Die Power Platform ist also kein Allheilmittel für die Digitalisierung und Automatisierung jeglicher Prozesse im Unternehmen. Zudem ist es nicht ohne weiteres möglich, externe Personen wie beispielsweise Lieferanten einzubinden, da auch diese eine Microsoft Lizenz benötigen, um die Anwendung nutzen zu können. Eine weitere Einschränkung liegt darin begründet, dass die Microsoft Power Platform als Backend gedacht ist. Für ein nutzerfreundliches Frontend muss man dann wiederum andere Tools nutzen wie zum Beispiel SharePoint Listen oder Microsoft Forms. Auch das Einbinden externer Systeme gestaltet sich sehr unbequem und komplex.
Die Abhängigkeit von Microsoft sollte nicht unterschätzt werden. So sind Unternehmen, die diese Plattform nutzen, von der Strategie und Roadmap von Microsoft abhängig. Änderungen in der Richtung oder Unterstützung der Plattform seitens Microsoft könnten sich auf die langfristige Planung und Investitionen von Unternehmen auswirken. Wenn ich als Unternehmen also zum jetzigen Zeitpunkt eine Anwendung entwickelt habe, mag diese funktionieren. Sobald Microsoft aber irgendetwas ändert (und das passiert ständig und ohne Ankündigung) muss ich meine Lösung anpassen und neu testen, unter Umständen meine gesamte Anwendung neu entwickeln. Denn Microsoft Anwendungen sind heute sehr dynamisch und werden ständig weiterentwickelt und umgebaut und die Power Platform Anwendungen sind nicht rückwärtskompatibel.
Obwohl Microsoft Power Platform eine attraktive Lösung für Unternehmen ist, die schnell benutzerdefinierte Anwendungen erstellen möchten, können die Kosten für den langfristigen Einsatz beträchtlich sein. Die Lizenzierung, insbesondere für fortgeschrittene Funktionen und größere Benutzerzahlen, kann zu erheblichen Ausgaben führen. Nur weil meine derzeitige Version, mit welcher ich meine Business Applikation erstelle, kostenlos ist, gibt es keine Garantie, dass dies auch in der Zukunft der Fall ist: mit Lizensierungsanpassungen seitens Microsoft kann die preiswerte Lösung auf einmal extrem teuer werden.
Da Microsoft Power Platform auf Cloud-Technologie basiert, könnten Sicherheitsbedenken auftreten, insbesondere in Branchen mit strengen Datenschutz- und Compliance-Anforderungen. Unternehmen müssen sicherstellen, dass angemessene Sicherheitsmaßnahmen implementiert sind, um die Vertraulichkeit und Integrität ihrer Daten zu gewährleisten. Auch das Berechtigungskonzept ist sehr komplex und muss verstanden werden.
Die mit der Platform entwickelten Anwendungen sind abhängig von der Performance und Servicegeschwindigkeit der Microsoft Cloud. Und diese ist laut unserer Erfahrung eher unterdurchschnittlich und leider auch nicht stabil bzw. schwankt.
Auch wenn Microsoft mit seiner Platform eine leistungsstarke Suite bietet, sind die Anwendungsfälle unserer Meinung nach begrenzt und sie sollte keinesfalls für geschäftskritische oder sehr komplexe Prozesse genutzt werden.
Aufgrund der oben genannten Nachteile zeigt sich, dass ich als Nutzer der Platform keinerlei Garantie habe, dass meine Anwendung künftig kostenfrei funktioniert oder aber überhaupt funktioniert. Problematisch ist hierbei unter anderem, dass ich als Anwender bei Funktionsschwierigkeiten nicht einfach den Code anpassen kann. Da es sich um eine No-Code Platform handelt muss man in solchen Fällen die gesamte Anwendung neu aufsetzten und sich hierfür durch eine leider nicht gerade ansprechende Oberfläche klicken. Die reliability ist in diesem Zusammenhang also keineswegs gegeben.
Auch das Argument, dass die Platform kostenlos ist und somit enorme Kosten gespart werden können, ist in unseren Augen falsch. Denn wie bereits erwähnt ist dies nicht zwangsläufig auch künftig so. Es sollte zudem beachtet werden, dass inhouse Personen mit dem entsprechenden Knowhow vorgehalten werden müssen, die die Anwendungen erstellen und betreuen. Der Zeitfaktor sollte also beachtet werden. Auch wird bei der Nutzung der Power Platform das Testen der Anwendung auf Funktionalität nach inhouse verlagert, was seitens der Mitarbeitenden zu Mehraufwand führt und zu Frustration führen kann.
Die Microsoft Power Platform bietet eine niederschwellige Möglichkeit, Geschäftsprozesse zu automatisieren und schnell und günstig über verschiedene Schnittstellen Zugriff auf Daten zu haben. Auch kleinere Workflows können gut abgebildet werden. Prozesse wie Dokumentenverwaltungen oder Rechnungsfreigaben können hier gut abgebildet werden. Geeignet ist die Platform vor allem für kleinere Unternehmen, die zum Beispiel nicht über ein DMS oder Workflowsystem verfügen. Doch geschäftskritische Prozesse, die hoch verfügbar und funktional sein müssen, sollten keinesfalls mit der Platform erstellt, sondern in professionelle Hände gelegt werden. Auch für größere Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern oder gar mehreren Standorten sind die erstellbaren Anwendungen nicht geeignet. Hier empfiehlt es sich eher, auf eine Software zu setzen, ob von der Stange oder individuell. Diese erzeugt zwar einmalige Anschaffungskosten mit eventuellen Anpassungs- oder Erweiterungskosten, bietet aber eine verlässliche Funktionalität.